La Ribot — PARAdistinguidas

Maria Ribot / La Ribot — Biografie / Werk
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Maria Ribot — bekannt als "La Ribot"

Die Madrilenin Maria Ribot (ES/CH) — bekannt als La Ribot — ist Tänzerin, Choreografin und bildende Künstlerin. Seit Mitte der 80-er Jahre prägt sie die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes in Spanien. Sie lebte mehrere Jahre in London, bevor sie 2004 nach Genf zog, wo sie seit ihrem Umzug an der Haute Ecole d’Art et de Design unterrichtet.
La Ribot beschritt 1991 in ihrer Arbeit neue Wege, indem sie szenische Arbeiten schuf — Piezas distinguidas (distinguished pieces) — betitelt, die sich im Grenzbereich von Performance, Video und Live Art bewegen. La Ribot schuf mehr als 40 pieces, vier verschiedene abendfüllende Aufführungen (13 piezas distinguidas, 1993; mas distinguidas, 1997; Still Distinguished, 2000; und Panoramix, 2003) sowie eine Videoinstallation (Despliegue, 2001).

La Ribot stellt ihre eigenen Beobachtungen vor und fordert sich selbst heraus. Ausgangspunkt sind der Körper, der Raum, das Bild und die Bewegung. Mit diesen Aufführungen, die sich zwischen Tanz, Performance und bildender Kunst bewegen, wurde La Ribot international bekannt.
Die distinguished pieces betonen stark die spielerische Seite und inkongruente Assoziationen. Die ungewöhnliche Verwendung von Wörtern, von extremer Nüchternheit aber auch subtiler Gewalt, von gleißenden Farben, von kritischer Selbstbefragung, von Gegenständen und von menschlichen Körpern bei vollem Einsatz von Nacktheit, sowie die Einbindung von AkteurInnen aus der lokalen Kunst- und Theaterszene des jeweilige Aufführungsortes sind wesentliche Teile von La Ribots Arbeitskonzepts.

PARAdistinguidas — Angle Dance, nr. 36; Photo: Gilles Jobin, Rares Donca

Da in den 90-er Jahren in Spanien die Förderung des modernen Tanz- bzw. Performancetheaters nur sehr spärlich ausgeprägt war, führte Maria Ribot die distinguished pieces in ungewöhnlichen Kleinstchoreografien als auch in Serien davon auf, wobei sie sie als einzelne Kunstwerke verkaufte. Die Sammler erhielten den Titel „ausgewählte Besitzer“ und ihre Namen wurden in allen Programmen und Katalogen erwähnt. Darüber hinaus ging La Ribot mit dem jeweiligen Käufer eine Email- bzw. Brief-Beziehung ein, in der sie ihn kontinuerlich über die laufenden Produktionen und Verwendung des jeweiligen Stückes informierte.

La Ribot will in ihrem Leben bis zu 100 dieser Kleinstchoreografien (jeweils max. bis zu 7 min Spieldauer) realisieren. Die ersten 34 Stücke führte La Ribot in drei Serien von 1991 an als Solotänzerin auf.

Zwischen 1993 und 2003 entstanden so drei unterschiedliche Serien mit insgesamt 34 Stücken. Diese Stücke wurden in den renommiertesten Kunstzentren präsentiert: Tate Modern London, Centre Pompidou, Théâtre de la Ville de Paris und Museum Reina Sofia in Madrid.

Die neue Produktion PARAdistinguidas aus 2011 reiht sich direkt ein in die distinguished pieces („Ausgewählte Stücke“) — sie ist die 4. Serie der distinguished pieces

Die Arbeit mit „local extras“
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40 Espontaneos, Photo: Anne Maniglier / agence culturelle

Die Arbeit mit Komparsen, Zuschauer oder Performern / Tänzern aus der lokalen Theater- und Tanzszene, des jeweiligen Aufführungsortes — La Ribot nennt sie „local extras“ — ist seit den frühen 90-er Jahren eine feste Konstante in La Ribots Werken. Erstens, weil sie schon immer gerne mit Menschen aus der Bevölkerung auf der Bühne arbeitete, z.B. 12 Toneladas de plumas (1991) und El gran game (1999). Und zweitens, weil sie arstist in recidence in dem auf Tanz und Musik spezialisierten Théâtre Pôle Sud in Strasbourg ist. Das Einbeziehen der Bevölkerung ist an diesem Haus eine feste Größe.

Das Interesse von La Ribot an dieser Arbeit leitet sich direkt aus der Praxis der Filmindustrie ab:

«Es ist wie eine geborgte Realität, die den filmischen Diskurs mehr Wahrhaftigkeit verleiht, ihn mehrdimensionaler gestaltet.» (La Ribot, Programmheft Mousonturm)

So begann La Ribot 2004 ein ausgedehntes Projekt, in dem Komparsen die einzigen Darsteller waren: 40 Espontaneos. Mehr als 500 Komparsen aus der ganzen Welt haben zwischen 2002 und 2007 daran mitgewirkt. Für die dtsche Erstaufführung von PARAdistinguidas hat La Ribot 19 AkteurInnen aus der Frankfurter bzw. Rhein-Main Kunst- und Theaterszene eingeladen, mitzuwirken.

PARAdistinguidas
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PARAdistinguidas — The Exchange, nr. 40; Photo: Gilles Jobin, Rares Donca

Zehn Jahre nach deren Höhepunkt in der Tate Modern öffnet La Ribot nun die neue vom Mousonturm Frankfurt kooperierte Produktion PARAdistinguidas für — mit La Ribot zusammen fünf Solotänzern — und 19 lokalen Tänzern (einer davon war Michael).

PARAdistinguidas reiht sich ein in die distinguished pieces („Ausgewählte Stücke“). Zehn dieser Stücke nimmt der Abend PARAdistinguidas auf: die Nummern 35-44. Zusammen mit vier Performerinnen und 19 Frankfurter AkteurInnen aus der lokalenKunst- und Theaterszene transformiert La Ribot ihre legendären Solos in eine imaginäre Aufführung. Was ist hier Show und was ist Probe? Gibt es einen Raum hinter dem schwarzen Vorhang? Und wer spielt hier für wen? Eine Nähmaschine näht ihren Sound durch die Probenarbeit, durch die Performerinnen, durch die StatistInnen und ihre gestellten Gesten. Es geht um Arbeit, um Verwertungsmechanismen, um (Frauen-)Körper und um Theater als solches — oder vielleicht doch um etwas völlig anderes.

Mit dem Wechsel von der Inszenierung kurzer Solo-Auftritte der distinguished pieces in Galerieräumen zurück zum Theaterraum untersucht La Ribot, wie sich Menschen(massen), die sich vereinen und untereinander multiplizieren, anwachsen.

Während La Ribot an der Idee des Solos von Performern auf der Bühne festhält, transformiert sie es aber auch gleichzeitig in andere Dimensionen. So wird das Solo des Einzelnen zum Solo verschiedener weiblicher Perfomer, die, wenn sie kein Solo tanzen, manchmal zu „Arbeitern“ werden, zum Solo von „Extras“, wenn diese sich auf der Bühne befinden oder zum Solo von Zuschauern, wenn die Extras zu Zuschauern werden…
So wird alles zu einer heterogenen Menge von Rollen, in sich getrennt in Solisten, Performern, Arbeitern, Extras, Massen von Extras, Zuschauern, Massen von Zuschauern, Massenindustrie des Show Business, politischen Industrie, Menschenmassen.

«In PARAdistinguidas befreie ich mich, ich möchte über die gängige Ordnung hinausgehen. Der Ort des Experimentierens erweitert sich. […] Es handelt sich um eine Art des Widerstandes gegen die etablierte Ordnung.» (La Ribot, Programmheft Mousonturm).

Die Erweiterung von eins auf fünfundzwanzig gibt La Ribots kurzen Stücken ein neues, unerwartetes Gesicht. Da ist weniger Zeremonie im Spiel und viel Spontaneität. So, wenn Laetitia Dosch in Another Hors Champ (Nr. 43) einige Zuschauer aus dem Saal entführt, um im Foyer ein Video zu kommentieren. La Ribot hat Szenen aus einem Römerfilm bearbeitet. Da lachen sie und kommentieren Darsteller und Komparsen. Man hört sie im Saal und es hört sich beinahe so an, als gälten ihre Bemerkungen den Laien auf der Bühne. Derweil tritt Maria-Caroline Hominal in einem Fell-Patchwork mit Schleppe auf den Laufsteg, geziert von einer Schärpe. Sie ist Miss Raped (Nr. 39). Das Kostüm, das nicht den ganzen Körper verhüllt, hat La Ribot selbst genäht.

Auch in Benny’s pin-ups (Nr. 38) geht es um den Blick auf Kostüm und Körper. In diesem freizügigen Defilee helfen Schmuck, Schlagsahne oder eine transparente Fahne, den Körper beiläufig zu verhüllen. In dem einzigen Solo, Chairs 2011 (Nr. 37) hängt sich Ruth Childs einen Klappstuhl nach dem anderen an ihren Körper. Die erinnern bald an ein gewaltiges, hölzernes Tutu, bevor die Solistin ganz unter ihnen verschwindet.

PARAdistinguidas — Titel in der Reihenfolge der Aufführung
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PARAdistinguidas — Angle Dance, nr. 36. Photo: Gilles Jobin, Rares Donca

PARAdistinguidas – 4. Serie der Pièces distingées / Ausgewählte Stücke

Katatsumuri to kaki, nr. 35

Darsteller: La Ribot, 19 local extras,
Übersetzung und japanische Stimme: Chiyo Ogino
Klangkonzept: Clive Jenkins, La Ribot

Juan Lan Hong, nr. 41

Darsteller: Anna Williams, Marie Caroline Hominal, Ruth Childs, Laetitia Dosch, La Ribot, 3 local extras

PARAdistinguidas — Chairs 2011, nr.37

Chairs 2011, nr. 37

Darsteller: Ruth Childs, 19 local extras,
Kostüm: Pepe Rubio;
Piano: Anatoly Vedernikov

Benny’s pin-ups, nr. 38

Darsteller: Anna Williams, Marie Caroline Hominal, Ruth Childs, Laetitia Dosch, La Ribot, 2 Komparsen
Originalmusik: Clive Jenkins

Another Hors Champ, nr. 43

Darsteller: Laetitia Dosch, 3 Zuschauer

PARAdistinguidas — Blue, nr. 44, Photo: Gilles Jobin

Film: La Ribot
Texte: La Ribot, Laetitia Dosch

Blue, nr. 44

Darsteller: 19 local extras

Miss Raped, nr. 39

Darsteller: Marie Caroline Hominal, 19 local extras
Kostüm: La Ribot

PARAdistinguidas — Angel dance,nr. 36; Photo: Gilles Jobin

Angle dance, nr. 36

Darsteller: Anna Williams, Marie Caroline Hominal, Ruth Childs, Laetitia Dosch, La Ribot, 19 local extras
Musik: „Tanzfläche“ von Uwe Schmidt (dtscher Komponist elektronischer Musik aus Frankfurt/M., bekannt als Atom™ oder auch Señor Coconut).

PARAdistinguidas — The Exchange, nr. 40; Photo: Gilles Jobin, Rares Donca

The Exchange, nr. 40

Darsteller: Anna Williams, Marie Caroline Hominal, Ruth Childs, Laetitia Dosch, La Ribot, 9 local extras
Musik: Atom™

La Revolucion, nr. 42

Darsteller: Anna Williams, Marie Caroline Hominal, Ruth Childs, Laetitia Dosch, La Ribot, 19 local extras
Texte: Anna Williams, Marie Caroline Hominal, Ruth Childs, Laetitia Dosch, La Ribot

PARAdistinguidas: Dtsche Erstaufführung, La Ribot ES/CH 17. & 18.6.2011, Mousonturm Frankfurkt.
Regie und Choreographie: La Ribot
Tänzerinnen („Distinguidas“): Anna Williams, Marie Caroline Hominal, Ruth Childs, Laetitia Dosch, La Ribot
AkteurInnen/Komparsen Frankfurt („Extras“): Jessica Bacia, Anita Bruder, Peter Eckert, Rita Henß, Ulrich-Irato Hildmann, Oliver Horton, Felix Kracke, Janine Maschinsky, Anke Ogal, Nina Piulats Finger, Susanne Pruße, Paula Rosolen, Beate Schmitt, Oliver Scholz, Sebastian Schulz, Annika Stoll, Michael Tarnowski, Lars-Gorski Tonhausen, Tanja Wondrak.
Kostüme: Vivienne — Jean-Paul & Cie
Objekte: La Ribot, Victor Roy
Klangregie: Clive Jenkins
Bühnenassistenz: Margaux Monetti, Teresa Calonje
Produktion: La Ribot, Genf
Manager: Rares Donca
Produktionsassistenz: Clémentine Küng

In Kooperation mit Comédie de Genève, Centre Dramatique (Genève), Festival d’Automne à Paris, Les Spectacies Vivants, Centre Pompidou (Paris), Théâtre Pôle Sud (Strasbourg), Aichi Triennale 2010 (Nagoya, Japan), Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt).

Interview mit La Ribot „Paradistinguidas“
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Aspekte und Gedanken zu „PARAdistinguidas“
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Weitere Links
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• La Ribot — Homepage
• La Ribot — Facebook
• La Ribot — Ausstellungen
• DVD: Treintaycuatro, piéces distinguées & One Striptease, Juni 2007.
• Buch: A. Lepecki, L. Goumare, J.A. Sanchez, A. Heathfield: La Ribot, Merz, November 2004.
• CD: Atom™: Music Is Better Than Pussy. Das Stück Tanzfläche ist die Musik zu Angel Dance, nr. 36.